Erste Schwimmzüge.....


Ich war das jüngste von fünf Kindern und das einzige Mädchen. Stellt Euch das mal nicht so einfach vor! Ich gebe zu, in den ersten Lebensjahren habe ich ja nicht viel davon mitbekommen, dass meine Brüder wohl offensichtlich auch unter meiner Anwesenheit gelitten haben. In einer Großfamilie ist es aber nun mal so, dass die älteren Geschwister auf die kleineren aufpassen müssen. Ich kann mir vorstellen, dass ich manchmal ganz schön stressig war. Mir fallen da so einige Episoden ein:

In einem Sommer, ich war wohl gerade 1 ½ Jahre alt, hatten sich zwei meiner Brüder einen großen Waschbottich aus dem Keller geholt, um ihn auf der Wiese hinter unserem Haus aufzustellen, mit Wasser zu füllen, und darin zu plantschen, Da es da noch keinen Wasserschlauch mit einem entsprechenden Anschluss gab, mussten sie den Kübel Eimer für Eimer mit Wasser füllen, das sie im Keller abzapfen konnten. Die Eltern hatten es erlaubt. Ich kann mich natürlich persönlich nicht mehr an die Begebenheit erinnern, sondern weiß nur Erzählungen zu berichten. Und dann existiert da auch noch ein Foto drüber, auf dem zu sehen ist, was passiert ist.

Meine Eltern wussten, was die Jungen vorhatten und beobachteten das Ganze von ihrem Schlafzimmerfenster aus. Mutti hatte mir ein Spielhöschen angezogen und ließ mich von der Haustüre aus auf die Wiese watscheln. Ein Wunder, dass ich das überhaupt geschafft hatte, denn ich war das mit Abstand fetteste und hässlichste Baby, was ich je gesehen hatte. Arme und Beine glichen denen eines Preisboxers. Irgendwie hatte ich dann doch den Bottich erreicht, in dem wohl bereits zwei oder drei Eimer Wasser eingefüllt waren. Meine Brüder holten gerade wieder Nachschub. Zielstrebig, wie ich nun mal bin, erreichte ich endlich den Kübel, stützte mich mit meinen dicken Händchen ab und versuchte ein fettes Beinchen über den Rand zu hieven. Da es offensichtlich mit links nicht geklappt hatte, wechselte ich die Position und versuchte es mit rechts. Ja, das hatte endlich geklappt. Platsch, saß ich mit meinem ganzen Körper in der Wanne. Genau da erschienen meine Brüder wieder mit weiterem Wasser. Ich glaube, der Schock sitzt ihnen noch heute in den Gliedern. Sie schauten sich um und entdeckten unsere lachenden Eltern hinter den Gardinen. Vati hatte auf den passenden Moment gewartet und ein niedliches Foto geschossen.

Ein anderes mal hatten sie im Wald am Bach einen Stausee gebaut mit einem Wasserrad. Ich wollte unbedingt mit, aber sie waren so schnell abgehauen, dass ich ganz alleine im Wald umher lief und weinte. Das mochten sie nun auch nicht ertragen und kamen mir wieder entgegen. Sie zeigten mir ihren Stausee und ich Tollpatsch war mit meinem Stiefelchen in der Staumauer hängen geblieben, so dass ich sie komplett zum Einsturz brachte. Plätscher plätscher war alles Wasser weg und meine Brüder so sauer, dass sie mich nach Hause schicken wollten. Sie drängten mich immer weiter zurück und ich habe wohl geschrieen wie am Spieß. Endlich meinte der eine, dass er mich Huckepack wieder nach Hause tragen wolle, weil unsere Mutter wohl Pudding gekocht hätte. Ich könnte auch seinen mit essen, wenn ich die Jungs nur in Ruhe lassen würde. Der Deal stand. Was man mit 4 Jahren bereits alles erreichen kann. Gesagt, getan. So brauchte ich jedenfalls nicht zu laufen.

Im Strandbad hatten sie mir immer versucht, das schwimmen beizubringen. Hätte eigentlich gut klappen können, den Fett schwimmt ja bekanntlich oben. Es hatte allerdings nicht funktioniert, ich konnte den Kopf nicht über Wasser halten, stattdessen konnte ich aber tauchen. Ich sprang vom Einer ins Wasser und tauchte zurück bis an die rettende Treppe. Das war doch auch cool, oder? Aber ich sollte den Freischwimmer machen. Alle hatten ihn und ich sollte auch…. Pööh, habe ich gedacht, doch nicht wenn ihr wollt. Und das meinte ich ernst und blieb stur.

In diesem Sommer wollten wir noch in die Berge fahren. Ich war sechs Jahre, meine Brüder 11 und 13 Jahre. Die beiden großen Jungs mussten zu Hause bleiben, weil sie in der Ausbildung waren. Meine Großmutter hatte auf sie aufgepasst. Unsere Urlaube waren stets sehr bescheiden aber unglaublich schön. Schließlich landeten wir in Achern am Achensee auf einem Campingplatz. Unglaublich hohe Berge, auf den Spitzen noch mit Schnee bedeckt. Hier wollten wir 14 Tage bleiben. Mein Vater hatte extra ein Schlauchboot gekauft, damit wir über Abwechslung nicht klagen konnten. Die Jungs paddelten fast den ganzen Tag damit rum, während ich immer mit den für mich ausländisch sprechenden bayerischen Kindern spielen musste. Mann, war das langweilig. Ich wollte auch mal mit den beiden schippern. Als sie dann noch mal wieder ans Ufer kamen, bestimmten meine Eltern, dass sie mich ruhig mitnehmen sollten, sie wollten ins Dorf gehen um ein wenig für das Abendbrot einzukaufen und sie sollten ja gut auf mich aufpassen.

Peng, hatten sie mich schon wieder an der Backe! Ich wollte natürlich auch mal rudern. Sie ließen mich auch machen, legten sich selbst flach ins Boot und genossen, einmal selbst nichts tun zu müssen. Wow, das war vielleicht anstrengend! Auf einmal sprangen sie in das eiskalte Wasser des Achensees und planschten vergnügt um das Boot herum. Ich konnte ja noch nicht schwimmen, also war nichts mit springen und so. Dann bemerkte ich, wie die beiden miteinander tuschelten. Ich hatte nichts geschnallt. Sie hangelten sich wieder in das Boot und meinten: “Du kannst doch tauchen, dann geh doch auch ins Wasser und tauche unter dem Boot her.” Au ja, das war eine schöne Idee. Schliesslich waren die Jungs ja in meiner Nähe und so konnte mir nichts passieren.

Ich lies mich langsam in das eiskalte Wasser gleiten und hielt mich dabei aber immer noch an der Kordel, die rund ums Boot gespannt war, fest. “Jetzt tauche ich”, rief ich und verschwand in der Tiefe. In diesem Moment begannen die beiden, wie wild zu rudern und entfernten sich rasch von der Stelle, an der ich wieder auftauchen würde.
Als ich mit meinem Kopf wieder über Wasser war und nach der Schnur greifen wollte, fasste ich ins Leere. Ich erblickte die Banausen etwa fünf Meter weiter weg und rief ihnen zu: “Wartet doch auf mich!” Ich bemerkte überhaupt nicht, dass ich ihnen hinterher schwamm. Sie paddelten immer noch voraus und ich ihnen nach.

Von da an konnte ich schwimmen. Der Urlaub machte doppelt so viel Spaß wie vorher. Das haben wir dann stolz meinen Eltern erzählt. Jetzt musste ich nur noch lernen, wie man auf den Fingern pfeifft. Das war mir auch seeehr wichtig. Die Jungs konnten das perfekt. Meine Eltern auch - nur ich nicht. Also musste ich daran was ändern. Ich übte in jeder freien Minute. Immer wieder “Fffffffffff..fffffffff..ffffffff… Da kam nur kein Ton! Egal, Übung macht den Meister. Als meine Eltern mit uns eine Wanderung in die Berge gemacht hatten, setzten wir Kinder uns auf einen großen Felsen, um die Brote, die unsere Mutter morgens geschmiert hatte, zu essen. Einmal beißen, einmal pfeifen und wieder beißen. So ging es die ganze Zeit. Meine Brüder zeigten mir immer wieder neue Techniken mit Fingern und Zunge. Plötzlich brachte ich einen so schrillen Pfiff zustande, der obendrein auch noch mein erster war, dass alle zusammenzuckten. Ich selbst war auch erschrocken. Aber das tolle war, meinen Pfiff hörte ich gleich x-mal. Es gab Echo hier oben. Das war total schön. Ich versuchte es gleich noch mal und noch mal und noch mal …… Hurra, jetzt konnte ich es. Irre, das war doch ein sehr schöner Urlaub.

Als wir wieder zu Hause waren, habe ich als erstes im Freibad meinen Freischwimmer gemacht und schon bald den Fahrtenschwimmer. Heute heißt es, glaube ich, Bronze, Silber und Gold.

Ha, manchmal sind Brüder eben doch zu was gut………

CR

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website christiane-ruehmann.blogspot.com Links tauschen