Die Geschichte mit dem zerbrochenen Spiegel

Es mag sich für manche Person seltsam anhören, was ich jetzt zu berichten habe. Ich kann diese Geschichte allerdings beweisen, anhand der Narben an meinen Beinen.

Etwa einen Monat, nachdem mein Mann verstorben war, bekam unser riesige Badezimmerspiegel einen kleinen Riss. Da mich das relativ kalt ließ, machte ich mir auch keine weiteren Gedanken über das allgemeine Sprichwort: “Spiegel zerbrochen - sieben Jahre Pech!”

Es sollte jedoch noch recht interessant werden.

Ein oder zwei Tage darauf fiel dieser besagte Spiegel komplett von der Wand und zerbarst in zig Scherben. Ich sammelte sie ein, steckte sie in einen Putzeimer und stellte diesen auf unserem langen Flur an die Seite, um diesen bei meinem nächsten Besuch auf dem Wertstoffhof zu entsorgen.

Meine beiden Töchter hatte ich natürlich gewarnt und sie gebeten, beim Vorbeigehen auf die spitzen, aus dem Eimer ragenden Scherben zu achten, um sich nicht zu verletzen.

Nach einer Woche passierte das, vor dem ich meine Mädchen gewarnt hatte, mir selbst. Auf dem Weg ins Bad stieß ich mit meinem linken Schienbein in eine dieser spitzen Scherben, die ich sogar noch derb aus der Wunde herausziehen musste.

Da begann dann auch schon das Blutbad. Sofort versorgte ich die Wunde, schnürte den Unterschenkel ab, band ein dickes Handtuch darum, begab mich zum Auto und fuhr selbst und sofort zum Arzt.

Der Doc nahm mich sofort dran und nähte die “Stichwunde” mit zwei Fäden. Ein Muskel war leicht mit verletzt und verursachte mir später heftige Schmerzen.

Ich hätte gewarnt sein sollen!! Stattdessen stellte ich das Unglücksgefäß auf die andere Seite des Flures, von der ich glaubte, dass “man” sicherer an ihm vorbei gehen konnte.

Nur vier Tage später stieß ich mir dieselbe Scherbe in das rechte Schienbein! Dümmer geht´s nimmer.
Dasselbe Spiel: Abbinden, Handtuch drum und ab zum Arzt.

Dieser konnte es kaum fassen und fragte: “Hatten wir das nicht letzte Woche schon?” Er schmunzelte sogar ein wenig dabei, als er mir die Wunde, zwillingsgleich wie die erste nähte.
Die beiden Einstiche befanden sich wirklich exakt an beiden Unterschenkeln auf gleicher Höhe und waren gleich tief. Sie sind heute noch zu sehen.

Viele werden denken, dass das Ganze ein unglücklicher “Zufall” war, aber ich glaube nicht an Zufälle! Ich nenne es Bestimmung.

Es begann ab da eine sehr schwere Zeit für mich und meine kleine Familie. Im Sterbejahr meines Mannes hatte ich nach 29-jähriger Betriebszugehörigkeit meinen Job als Sekretärin wegen Betriebsschließung verloren. Dadurch hatte sich zusätzlich nochmals meine finanzielle Situation extrem zu unserem Nachteil verändert. Einen neuen Job konnte mir die Arbeitsvermittlung aufgrund meines Alters nicht in Aussicht stellen, im Gegenteil, sie hielten sich vor Lachen die Bäuche, weil ein so prähistorisches Ungeheuer nach Arbeit ersuchte.

Dies hatte alles zur Folge, dass ich die Miete auf Dauer für unsere große 4-Zimmer-Wohnung nicht mehr aufbringen konnte und umziehen musste.

Zuvor erhielt ich aber noch eine niederschmetternde Diagnose: Krebs !

Ich durchlebte das volle Programm, Studienprogramm, Extrem-Chemo usw. . Was sollte mir noch alles passieren? Ich begann unbewusst zu leiden, bekam Ganzkörperschmerzen in sämtlichen Knochen und Gelenken und begab mich für 4 Wochen in eine Schmerzklinik. Im Anschluss daran folgte eine 9-wöchiger Aufenthalt in einer Klinik, um mich auf die Medikamente und den daraus evtl. resultierenden Folgen einzustellen.

Ich durchlebte ein sehr schmerzvolles Jahr in jeglicher Hinsicht: Meine damals noch 12-jährige Tochter wurde wegen meiner ständigen Klinikaufenthalte in einer Jugendwohngruppe untergebracht und sollte da etwa zwei Jahre verbleiben, bis ich gesundheitlich wieder einigermaßen hergestellt war. Ein Krückstock war mir behilflich, die Zeit bis zu einer Knie-OP schmerzfreier zu überstehen. Kein Haus…kein Job….kein Auto…. Man sagt immer: Am Ende eines Tunnels gibt es auch ein Licht ….nur, dass es bei mir immer ein entgegen kommender Zug war….

Noch nicht genug. Es wurde mir nahe gelegt, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, was dann schließlich wieder einen erneuten finanziellen Einbruch bedeutete. Ich wurde aus dem Arbeitsleben ausgemustert, bin zu 100 % erwerbsunfähig.

Nun kämpfe ich, aus gutem Mittelstand degradiert, Monat für Monat ums nackte Überleben.

Mittlerweile lebt meine Tochter wieder bei mir und mit dem Krebs will ich alt werden. Es geht also langsam wieder bergauf. Die gesamte Geschichte hatte auch ihren Sinn. Ich habe mein Leben neu sortiert. Habe viele neue Menschen kennen gelernt und neue Freunde gewonnen.

Mein Fazit: Ich habe keine Fehler gemacht, sondern nur Erfahrungen gesammelt!

Bemerkenswert: Bald sind sieben Jahre vorbei und somit verschwindet allmählich auch das Pech aus meinem Leben. Es wird Zeit. Ich habe Besseres verdient. Ich habe Ziele, Träume und Hoffnung!

Ist doch was dran an dem Spruch???

CR